Miniaturisierte Ultraschallsysteme in der Medizintechnik

Intelligente Ultraschallwandler überwachen kontinuierliche Blasenspülung

Presseinformation /

Nach Operationen an Blase, Prostata oder Nieren entscheidet eine Dauerspülung der Blase oft wesentlich über den Heilungserfolg. Ein intelligentes System namens »VisIMon« soll dies unterstützen. Das Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT entwickelt das miniaturisierte Ultraschallsystem zur automatisierten Überwachung von Blasenspülungen.

© Fraunhofer IBMT.
Tragbares über Tablet angesteuertes VisIMon-Bildgebungssystem mit aufklebbarem Ultraschallwandler.

Blut im Urin ist nach operativen Eingriffen an den Harnwegen jedweder Art ein häufiges Symptom. Die kontinuierliche Dauerspülung der Blase wird standardmäßig nach Operationen an Blase, Prostata oder Nieren angewendet, um Komplikationen durch Blutgerinnsel zu vermeiden. Gerinnt das Blut, ist das Risiko hoch, dass ein Blutpfropf die Blase ausfüllen kann, wodurch häufig eine weitere (vermeidbare) Operation notwendig wird. Eine ständige Überwachung der Blasenspülung ist jedoch im klinischen Alltag nicht zu leisten. Das macht eine technische Lösung zur effektiven, perma­nenten Über­wach­ung interessant.

Intelligente Sensoren zur effektiven automatisierten Überwachung

Das vom Deutschen Forschungs­zentrum für Künstliche Intelligenz geleitete BMBF-Verbundprojekt »VisIMon« soll eine automa­tisierte Überwachung ermöglichen, die zu einer ver­besserten Patientenversorgung bei gleichzeitiger Entlastung des Personals beiträgt. »VisIMon« steht für ein vernetz­­tes, intelligentes und interaktives System zur kontinuierlichen, perioperativen Überwachung und Steuerung einer Irrigations­vorrichtung sowie zum funktionellen Monitoring des unteren Harntraktes. Ein interdisziplinäres Team aus Wissenschaftlern, Ärzten und Industrie entwickelt seit Ende 2017 ein kleines, am Körper getragenes Modul, das den Spülvorgang mit Hilfe unter­schiedlicher Senso­ren überwacht und sich nahtlos an den als Standard etablierten Vorgang anlehnt. Moderne Kommunikationstechnologie ermöglicht es, völlig neue Konzepte zu entwickeln - wie z. B. Medizingeräte, die Daten automatisiert mit dem IT-Netz des Krankenhauses austauschen. Bei mehr als 200.000 Anwendungen im Jahr in Deutschland ist die Entwick­lung nicht nur aus medizinischer, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht überaus attraktiv.

Miniaturisiertes Ultraschallsystem im Einsatz für den Patienten

Das Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT besitzt langjährige Erfahrung in der Konzeption, Entwicklung und Herstellung von innovativen Ultraschallwandlern und -systemen für die Forschung und den medizinischen Einsatz. Im Rahmen des Verbund­projekts entwickeln die IBMT-Wissenschaftler ein miniaturisiertes Ultraschall­system zur automatisierten Überwachung von Blasen­spülungen. Das System besteht aus einem aufklebbaren Ultraschallwandler, der zusammen mit einer miniaturisierten Elektronik und automatisierten Auswertealgorithmen zur Überwachung der Blasenspülungen und der Detektion möglicher Blutungen eingesetzt werden soll. Für den Ultraschallwandler wurde eine patentierte IBMT-Technologie weiterentwickelt, so dass jetzt ein hochkompakter 32-elementiger Sensor zur Verfügung steht, der für das kontinuierliche postoperative Monitoring der Blase auf die Haut aufgeklebt werden kann. Die neuentwickelte 32-kanalige Elektronik, auf der die Ultraschalldaten verarbeitet und ausgewertet werden, kann über mobile Endgeräte aus dem Consumer-Bereich (bspw. ein Tablet) angesteuert werden. Bei dem gewählten Systemkonzept wird ein Großteil der Datenverarbeitung - wie z. B. die Rekonstruktion der gemessenen Signale zu Querschnittsbildern der Blase - auf dem Tablet durchgeführt. Das Konzept führt nicht nur zu niedrigeren Kosten, man profitiert auch von der fortlaufend verbesserten Leistungsfähigkeit neuer Endanwendergeräte. Die »VisIMon«-Software ist außerdem darauf ausgelegt, Daten unterschiedlicher Patientensysteme zusammen mit weiteren Parametern an zentrale Recheneinheiten weiterzuleiten, um die nach einem operativen Eingriff unerlässliche kontinuierliche Überwachung der Blasenspülung auch bei einer angespannten Personalsituation optimal zu gewährleisten.

Potenzial für weitere Anwendungsszenarien

Das im Rahmen des Projekts entwickelte Konzept einer kostengünstigen Ultraschall-Hardware, deren Leistungsspektrum maßgeblich durch die zur Signalverarbeitung eingesetzten Algorithmen definiert wird, lässt sich relativ einfach auf andere Frage­stellungen und Anwendungen übertragen. Besonders naheliegend ist die Nutzung als Monitoringsystem bei Inkontinenz. Ein aufgeklebter Ultraschallwandler könnte den Blasenfüllstand konstant überwachen und über eine miniaturisierte Elektronik Signale an ein mobiles Endanwendergerät senden, um sie dort nach automatisierter Analyse in Handlungsempfehlungen zu übersetzen. Zusammen mit den offenen Schnittstellen und dem Zugriff auf alle Datentypen kann das System außerdem als Low-cost-Ultraschallforschungssystem eingesetzt werden. Darüber hinaus ist im klassischen medizinisch-diagnostischen Bereich sicherlich eine Anwendung als Low-cost-Bildgebungssystem denkbar, beispielsweise für Gegenden, die unter einer ärztlichen Unterversorgung leiden.

 

Projekt VisIMon
Förderung:
BMBF 16SV7861K
Förderzeitraum: 11/2017-10/2020

Projektkoordinator
Dr. rer. nat. Dipl.-Inf. Gerd Reis
DFKI - Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, Kaiserslautern
Tel: +49 631 20575 2090
E-Mail: Gerd.Reis@dfki.de

Beteiligte Partner
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT, Sulzbach
Lohmann & Birkner Health Care Consulting GmbH, Berlin
Digital Biomedical Imaging Systems AG, Pforzheim